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Projektvorstellung Opera – ein oft verkannter Browser

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Der Browser Opera wird von der norwegischen Firma Opera Software ASA herausgegeben und wurde Ende 1996 der Öffentlichkeit in Version 2.0 vorgestellt. Seitdem ist viel Zeit vergangen und vor einigen Tagen erst wurde die Version 9.60 freigegeben.

Dass der Browser trotz seiner vielen pfiffigen Features und seiner jahrelangen Verfügbarkeit nur ein Nischendasein fristet hat sicherlich verschiedene Gründe. Einer der Hauptgründe dürfte wohl die Tatsache sein, dass Opera erst seit 2005 Freeware ist und davor Geld kostete. Unter Linux werden sicherlich viele User einen Bogen um ihn machen, ohne ihn auch nur einmal getestet zu haben, da Opera Closed-Source ist. Was aber tun wenn Firefox nicht gefällt oder einem das Geschäftsgebaren von Mozilla immer unsympathischer wird? Es gibt zwar eine Menge verfügbarer Browser unter Linux, aber kaum einer ist ein vollwertiger Ersatz für Firefox, richtige Alternativen eher rar gesäht. Also die besten Voraussetzungen, um Opera der Allgemeinheit durch eine Projektvorstellung ein bisschen näher zu bringen.

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Opera 9.60

Eines vorweg, wer mit dem Gedanken spielt sich von Firefox & Co. zu trennen, egal aus welchen Gründen auch immer, der sollte genug Zeit einplanen um Opera kennen zu lernen, denn der Browser macht erst richtig Spaß, wenn er den individuellen Wünschen angepasst wurde und das dauert bei der Masse an Features etwas.

Aber warum Opera nutzen, wenn doch Firefox schon vorinstalliert ist, der auch noch durch die vielen Addons erweitert werden kann und zudem auch noch Open-Source ist? Es ist sicherlich Geschmackssache welcher Browser zum täglichen Surfen benutzt wird, für Opera spricht auf jeden Fall, dass er wesentlich performanter als Firefox ist, der sich zu einem recht klobigen Browser ohne nennenswerte Funktionen in der Grundausstattung entwickelt hat. Des Weiteren stellen die Addons in Firefox bei jedem Versionssprung eine Hürde da, da diese oftmals nicht mehr laufen und es teils Wochen dauert bis ein Update erhältlich ist. Ferner stellen diese Addons sogar ein gewisses Sicherheitsrisiko dar, da es keine Kontrollinstanz gibt, die die Inhalte der Adons überprüft. Letztendlich liefert Mozilla selber immer mehr Gründe, um über einen Wechsel nachzudenken.

Da Opera sehr viele Funktonen bietet, werden in diesem Artikel nur einige angerissen. Für spezielle Fragen hat sich übrigens sehr das deutschsprachige Opera-Info.de-Forum bewährt, es gibt dort auch ein eigenes Linux-Subforum. Auch bei uns im Wiki finden sich einige Artikel zu Opera, die die meisten Fragen beantworten sollten.

Nach der Installation begrüßt Opera den User beim ersten Start mit der Startseite vom Opera-Portal, wo die aktuelle Version auf Englisch kurz vorgestellt wird. Der neue Skin ab Version 9.50 ist sehr dunkel und schlicht gehalten, erinnert ein wenig an das neue dunkle Theme von Ubuntu 8.10, welches noch diesen Monat erscheint. Wem dieses nicht gefällt kann mit + F12 ein anderes einstellen oder neue installieren.

Auf Anhieb ist auch ein anderes Tab-Verhalten zu bemerken, das die Tabs in einer Liste anzeigt und nicht wie gewohnt die Tabs in der Tabliste wechselt. Wer lieber auf den gewohnten Ablauf umstellen möchte, der kann dies mit Strg + F12 → "Erweitert" → "Tabs einstellen" → "Wechseln ohne die Liste zu zeigen". Jedoch bleibt eine Sonderheit bestehen und zwar wenn Tabs geschlossen werden. Wie dieses Problem gelöst werden kann, wird noch weiter unten unter Shortcuts und Mausgesten gezeigt.

Der Content-Blocker

Projektvorstellung_Opera2.png Nachdem die ersten Seiten angesurft wurden, wird schnell die ganze blinkende Werbung auffallen. Die unter Firefox mit Adblock Plus niemals aufgetaucht ist. Allerdings hat Opera ein mehr als ebenbürtiges Äquivalent, welches nur nach der ersten Installation leider keinerlei Einträge aufweist und somit die ganze Werbung durchlässt. Glücklicherweise gibt es aber auch hier vorgefertigte Listen, eine weitere gibt es im Wiki zu finden.
Falls trotzdem irgendwo doch noch Werbung stehen bleibt, kann der Adblocker mit einem Rechtsklick → "Inhalte blockieren" aktiviert werden. Alle nichtfilterbaren Objekte werden ausgegraut, Bilder oder Flashs hingegen sind anklickbar und können so entfernt werden. Allerdings ist diese Methode unter Umständen zu aggressiv und es werden auch gewollte Bilder geblockt. Gezielt einzelne Objekte können mit + Klick darauf gelöscht werden. Natürlich können jederzeit diese Filter geändert oder gelöscht werden. Sehr hilfreich ist auch die Ansicht unter Einzelheiten, wo alle Einträge angezeigt werden, die auf der Seite für Filterungen verantwortlich sind. Projektvorstellung_Opera3.png

Overlay-Banner und sonstige Sachen, die dynamisch erzeugt werden, können auch sehr einfach über "Seitenspezifische Einstellungen" entfernen werden, einfach indem JavaScript für die spezielle Seite ausschaltet wird. Dort lassen sich auch Cookies erlauben, falls sie ansonsten überall blockiert werden. Die Einstellungen sind sehr vielfältig und sollten auf jeden Fall genauer angesehen werden. Nebenbei bemerkt kann die Werbefilterung natürlich auch mit BFilter erledigt werden, Opera funktioniert wunderbar damit. Neben den bereits angesprochenen JavaScript und Cookies können aber auch noch Flashs oder GIF-Animationen global verboten werden, können aber für einzelne Seiten jederzeit wieder aktiviert werden.

Projektvorstellung_Opera5.png Webseiten können aber auch den eigenen Wünschen angepasst werden, da Opera für jede Seite ein eigenes CSS-Stylesheet erlaubt. Auf diese Weise können ganze Bereiche umgestaltet oder unsichtbar geschaltet werden, sollte sie z.B. der Adblocker nicht löschen können. Zur besseren Illustration dient hier wieder heise.de, welches komplett von Werbung befreit, sowie störende Tabellen entfernt, die Schrift vergrößert und zudem die Seite verbreitert wurde.

Schnellwahl

Projektvorstellung_Opera4.png Die Schnellwahl öffnet sich immer, wenn ein leerer Tab geöffnet wird. Hier lassen sich bis zu 9 Lieblingsseiten verewigen, die mit einem Vorschaubild angezeigt und durch Anklicken geöffnet werden können. Es geht aber auch noch etwas schneller mit dem Shortcut Strg + 1 bis 9 . Opera bietet die Möglichkeit direkt mit dieser Schnellwahl zu starten oder aber die letzte Sitzung wieder herzustellen.


News-Feed

Opera besitzt neben einem Instant Messaging-Clienten auch einen integrierten News-Feedreader, der mit Version 9.60 noch einmal etwas verbessert wurde. Wie in den meisten anderen Browsern reicht ein Klick auf das RSS-Feed-Icon, um einen Feed zu abonnieren. Opera zeigt vor dem Abonnieren allerdings noch eine Vorschau an, so dass der Inhalt vorher betrachtet werden kann. Mit einem weiterem Klick wird der Feed in die abonnierten Feeds aufgenommen. Unter "Feeds verwalten" kann u.a. eingestellt werden wie oft dieser am Tag abgeholt wird.

Opera Mail

Der EMail-Client fügt sich reibungslos in Opera ein. Was schnell bemerkbar ist, wenn in einer Mail auf ein Link geklickt wird. Sofort öffnet sich ein neuer Tab im Vordergrund und die Seite wird geladen. Das geht sehr viel schneller und flüssiger als mit zwei separaten Programmen wie z.B. Firefox und Thunderbird. Der User wird über neue Mails durch eine von unten reinscrollende Benachrichtigung informiert. Wurde diese Meldung verpasst oder abgeschaltet, so kann dennoch am Trayicon von Opera sofort gesehen werden, dass ungelesene Mails im Posteingangsordner liegen.
Opera Mail verfügt über alle wesentlichen Funktionen, erwähnenswert ist, dass es eine globale Ansicht für alle Konten gibt. Es gibt also nicht für jedes einzelne Konto einen eigenen Postein- oder Postausgang. Durch Anlegen eigener Filterregeln verliert niemand den Überblick und kann die Mails seinen Vorlieben nach in virtuellen Ordnern sortieren. Mails können auch Kategorien zugeordnet werden, über die wichtige Nachrichten schnell wiedergefunden werden können. Genau so einfach können mit nur einen Klick Nachrichten anzeigt werden, die bestimmte Dateianhänge haben. Spamgeplagte User werden sicherlich den lernfähigen Spamfilter schnell zu schätzen wissen.

Größter Kritikpunkt an Opera Mail dürfte die fehlende Funktion zum automatischen Löschen alter Mails sein, dieses muss leider von Hand vorgenommen werden. Zudem bietet er nicht alle Funktionen die richtige EMail-Clienten teils aufweisen. Die Seitenleiste mit den EMails teilt sich übrigens Opera Mail mit den Feed-Reader. So ist alles schnell erreichbar.

Mausgesten und Shortcuts konfigurieren

Opera bietet von Haus aus die Möglichkeit, mit Shortcuts und Mausgesten die Einstellungen den eigenen Vorlieben anzupassen. Erreicht werden diese Einstellungen über Strg + F12 → "Erweitert" → "Schnellzugriff". Von hier aus können nahezu alle Funktionen einem Shortcut oder einer Mausgeste zugeordnet werden.
Auf diese Weise lässt sich auch das bereits oben angesprochene Manko mit dem Tabs leicht beheben. Opera hat leider die Eigenart, wenn ein Tab geschlossen wird, nicht auf das nächste linke zu springen, sondern springt zu dem zuletzt geöffneten Tab. Mit einer Mausgeste oder Shortcut kann aber auch dieses Problem umgangen werden. Einfach unter Mausgesten diese beiden Gesten einfügen:

GestureDown, GestureLeft		Close page & Switch to previous page
GestureDown, GestureRight		Close page & Switch to next page

Nun können zukünftig Seiten geschlossen werden, indem mit der Maus ein gespiegeltes L gezeichnet und die rechte Maustaste dabei gedrückt wird. Nach dem Schließen wird automatisch das nächste linke Tab ausgewählt. Wird hingegen ein L gemalt, wird fortan ebenfalls das aktuelle Tab geschlossen, Opera springt jedoch auf das rechte Tab.
Auf diese Weise lassen sich viele schöne Funktionen einfach einbauen, z.B. dass Opera über eine Mausgeste an den Anfang oder Ende einer Seite springt. Das ist bei längeren Seiten sehr nützlich, auch ist es möglich mit nur einem Shortcut/Geste mehr als nur einen Befehl auszuführen.

Nützliche Alltagsfunktionen

Auch im täglichen Gebrauch bietet Opera viele schöne Funktionen, die das Surfen vereinfachen. Mittels Doppelklick auf das Trayicon kann Opera versteckt ( Strg + H ) oder wieder sichtbar geschaltet werden. Auch gibt es einen ausgereiften Downloadmanager, der den Benutzer immer auf dem Laufendem über aktuelle Downloads hält. Dieser unterstützt auch das BitTorrent-Protokoll. Auf Wunsch öffnet sich eine Übersicht in einem neuen Tab oder ist auch jederzeit via Strg + Alt + T erreichbar. Unterbrechen und Resume wird natürlich unterstützt, fertige Downloads werden über die bereits bekannte, hereinscrollende Meldung bekannt gegeben.

Eine weitere nützliche Hilfe ist das Notizensystem, so können von jeder Webseite interessante Texte markiert und als Notitz gespeichert werden, auch die aktuelle URL lässt sich so schnell über das Kontextmenü speichern. Notizen werden automatisch gespeichert und sind auch durchsuchbar.
Apropos Durchsuchbar, das ist übrigens auch der Verlauf, also die Seiten die in der letzten Zeit besucht wurden. Allerdings geht das Konzept bei Opera ein wenig weiter als das bei anderen Browsern. Anstatt, dass nur die URL-Liste durchsucht werden kann, durchsucht Opera auch den Text der Webseite. Hat man z.B. im ubuntuusers-Forum kürzlich einen interessanten Thread gelesen und möchte diesen am nächsten Tag schnell wieder finden, weiß aber nur noch ein Schlagwort wie "Projektvorstellung", so könnte dieser Thread damit sofort in der History gefunden werden.

Sollte Opera während des Surfens abstürzen, so ist dies auch kein Beinbruch, da Opera in diesem Fall bei dem nächsten Start dies erkennt und fragt, ob die vorherige Session wieder hergestellt werden soll – allerdings auch dieses Verhalten ist fest einstellbar ohne Nachfrage. Auch gibt es seit Opera 9.50 eine Möglichkeit, verschiedene Opera-Installationen online zu synchronisieren. Wer keine Datenschutzbedenken hat, wird dieses Feature sicherlich mögen.

Suchmaschinen lassen sich in Opera auch sehr leicht neu einrichten. Wurde eine interessante Suchmaschine entdeckt, braucht der User nur das Suchfeld in der Webseite mit der rechten Maustaste anklicken und "Suche erstellen" auswählen. Danach erscheint ein Dialog, wo weitere Feinheiten eingestellt werden können und mit einen weiteren Klick wird die Suchmaschine der Suchleiste hinzugefügt, wo in Zukunft bequem und schnell die neue Suchmaschine benutzt werden kann. Alternativ kann auch über ein Kürzel gesucht werden, welches in der Adressleiste vor dem Suchbegriff eingegeben wird. So kann z.B. mit "g Suchwort" mit Google das Suchwort gesucht werden - die Kürzel sind natürlich frei definierbar. Einzelne Wörter lassen sich via Kontextmenü über Babelfish in verschiedene Sprachen übersetzen oder können in Wikipedia nachgeschlagen werden. Die dabei benutze Dienste sind frei veränderbar, müssen allerdings über einen Texteditor manuell eingestellt werden.

"Find as you Type" - also der Textsuche innerhalb der aktuellen Webseite - kennt auch Opera, allerdings muss im Gegensatz zu Firefox ein Shortcut gedrückt werden, damit dieses Feature aktiviert wird. Nachdem . gedrückt wird, öffnet sich eine Suchbox und während des Tippens werden alle Vorkommen des Suchtextes in der Webseite gelb markiert.

Projektvorstellung_Opera6.png Die Rechtschreibung in eigenen Beiträgen prüft Opera über Aspell. Um eigene Texte damit zu überpüfen, reicht ein Klick auf "Rechtschreibprüfung" im Kontextmenü und es öffnet sich eine ähnliche Dialogbox wie sie schon aus OpenOffice.org bekannt ist. Wer ein wenig mehr Komfort möchte, kann sich auch OSpell 🇬🇧 installieren. Dieses integriert sich direkt in alle Textboxen und wird sichtbar, sobald eine den Fokus erhält. Die angezeigten Korrekturvorschläge werden allerdings online ermittelt.

OSpell ist in JavaScript geschrieben und wird in Opera als User-JavaScript ausgeführt. User-JavaScripte sind JavaScripte mit erweiterten Rechten und Möglichkeiten. Bestehende Greasemonkeyskripte aus Firefox lassen sich oft direkt übernehmen oder benötigen nur eine geringe Anpassung, damit sie auch unter Opera laufen. Eine kleine Liste mit ausgewählten User-Javascripten gibt es hier.

Wechselwillige können auch sehr einfach ihre Bookmarks ihres bisherigen Browsers in Opera importieren. Unterstützt werden Firefox/Netscape, Konqueror und IE. Zu finden ist diese Funktion unter "Datei" → "Import - Export". Ausführlichere Informationen sind abermals im Wiki unter Datenmigration vorhanden.

Ähnlich wie Firefox besitzt Opera auch eine Funktion names Fraud, die den User vor Malware-verseuchten oder Phishing-Seiten schützen soll.

Opera in GNOME besser einbinden

Ein Problem von Opera ist, dass es in GNOME etwas altbacken aussieht. Dieses Problem entsteht durch die Verwendung des leistungsfähigen Toolkits Qt, aber auch dieses Manko lässt sich schnell beheben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine Opera-Version installiert wird die mit Qt4 kompiliert wurde, mit den auch zum Download angebotenen Qt3-Versionen geht es leider nicht. Wenn Opera zukünftig mit einen zusätzlichem Parameter gestartet wird, gliedert es sich gleich viel besser in GNOME ein.

opera -style cleanlooks

Danach integriert sich Opera wesentlich besser in GNOME. Zukünftige Versionen werden sich Dank Qt 4.5 sogar komplett in GNOME integrieren, da die GTK-Engine benutzt wird.

Auf der offiziellen Download-Seite von Opera gibt es leider nicht die Möglichkeit auszuwählen, welche Version man sich installieren möchte. Alle Versionen von Opera sind hingegen direkt auf dem FTP-Server beziehbar. Dort können auch die bereits angesprochenen Versionen bezogen werden, die mit Qt4 kompiliert wurden.

Neben den hier genannten Funktionen gibt es noch eine Menge mehr zu entdecken. Eine gute Möglichkeit Neues zu entdecken ist auch die deutschsprachige Hilfe im Browser. Eine ausführlichere Auflistung der einzelnen Funktionen von Opera befindet sich aber auch im Wiki.


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