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Review Steam Controller

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Mit dem Steam-Controller möchte Valve seine Steamboxen mit Steam OS wohnzimmertauglich machen. Ob die außergewöhnlichen Bedienkonzepte auch unter Ubuntu funktionieren, soll hier geklärt werden.

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Der Steam-Controller

Alles was Valve anfasst wird zu Gold, so war zumindest die langläufige Meinung. Denn egal um was es geht, ein DRM-System wie Steam, Mikrotransaktionen in Spielen wie Dota 2, Counterstrike und Team Fortress 2, aber auch E-Sportveranstaltungen mit Millionenpreisgeldern wie „The International“ werden immer zu Erfolgen. Doch mit Steam OS und den zugehörigen Steamboxen sowie dem Controller könnte sich Valve etwas übernommen haben.

Obwohl mittlerweile viele AAA-Spiele für Linux erscheinen – was zweifelsohne ein Erfolg des Unternehmens aus Seattle ist – wird ihr Betriebssystem noch lange nicht von der breiten Masse angenommen.

Valve verfolgt mit dem neue Steamcontroller ebenfalls ein ambitioniertes Ziel: Er soll als erster Controller so präzise wie Maus und Tastatur sein. Kann er diese Anforderungen wirklich erfüllen? Wie schwierig ist es ihn unter Linux zu betreiben?

Aufbau

Hierfür geht Valve einen unkonventionellen Weg. Denn statt der Analogsticks sind in dem Controller zwei Touch-/Trackpads verbaut. Damit kann entweder eine Mausbewegung durchgeführt werden oder aber eine Controllerbedienung wie ein Analogstick oder „Digipad“ emuliert werden. Für das nötige Feedback sorgen zwei Motoren unter den Trackpads, die mit Vibrationen ein haptisches Feedback erzeugen. Die Stärke der Vibration lässt sich in den Einstellungen verändern – alternativ auch komplett abschalten.

Neben dieser auffälligen Neuerung hat Valve auch an anderen Stellen das konventionelle Controllerdesign über den Haufen geworfen. Auf der Rückseite verbergen sich zwei große Tasten, die mit den Ring- oder Zeigefingern bedient werden können.

Ganz nett, aber nicht weltbewegend ist zudem die Möglichkeit den Controller sowohl kabellos, als auch über ein MicroUSB-Kabel mit dem Computer zu verbinden. Das erspart die Notwendigkeit ein eigenes Adapterkabel für den Controller kaufen zu müssen, wie es bei einigen Konkurrenten der Fall ist.

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Das Trackpad des Controllers

Bei allem anderen hat sich Valve auf bewährte Konzepte verlassen; was aber nicht unbedingt schlecht sein muss. Die Schultertasten haben einen angenehmen Widerstand und sind ergonomisch an die Form eines gekrümmten Fingers angepasst. Auch die vier üblichen Aktionstasten sind vorhanden und wie beim oft gelobten Xbox-Controller mit den Buchstaben A, B, X und Y beschriftet. Mittig angeordnet hat der Controller zwei Tasten, mit denen sich das jeweilige Spielmenü sowie das Steam Overlay öffnen lassen. Zwischen ihnen befindet sich der An-/Aus-Schalter mit einem beleuchteten Steam Logo. Zu guter Letzt hat auch der Steamcontroller einen Analogstick spendiert bekommen, der sich leicht versetzt unter dem linken Trackpad befindet.

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Die Rückseite des Steam-Controllers

Hinter den auf der Rückseite befindlichen Tasten steckt auf jeder Seite ein Batteriefach für jeweils eine AA-Batterie. Diese werden mit einem durchdachten Mechanismus an ihrem Platz gehalten. Doch alleine die Tatsache, dass Batterien anstatt einem Akku zum Einsatz kommen, ist schade und auch nicht besonders umweltverträglich.

Generell macht die Verarbeitung des Controllers einen sehr guten Eindruck, lediglich die drei mittigen Tasten könnten einen etwas festeren Druckpunkt haben.

Verbindung

Der Steamcontroller verbindet sich wahlweise über einen Micro-USB-Anschluss oder kabellos mit dem PC. Ein USB-Empfänger sowie ein Verstärker für längere Verbindungen werden mitgeliefert. Die Reichweite des Controllers ist vollkommen ausreichend, und funkt sogar durch Wände noch sehr stabil. Das enthaltene USB-Kabel ist allerdings unbrauchbar, da es mit 1,5 Meter Länge vor allem für den Wohnzimmereinsatz viel zu kurz ist. Als Micro-USB-Kabel findet es aber auch bei anderen Geräten eine neue Verwendung.

Hinweis:

Ob man gleichzeitig mehrere Controller an einem Gerät benutzen kann, konnte nicht getestet werden. Zumindest bei der Benutzung von mehreren unterschiedlichen Controllern an einem System kann es zu Problemen bei unterschiedlichen Tastenbelegung kommen.

Big Picture Modus ist Pflicht

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Der Big-Picture Modus

Der „Big-Picture“ Modus ist eine Bedienoberfläche im Vollbild, die besonders auf die Steuerung mit Controllern ausgelegt ist. Sie ähnelt der Bedienoberfläche des KODI (ehemals XBMC) Mediencenters. In diesem Modus sind sowohl der „Steam Store“, die eigene Spielebibliothek, der Community-Hub, als auch ein eigener rudimentärer Browser enthalten. Der Big-Picture Modus lässt sich sowohl mit dem Steamcontroller, als auch mit mit jedem anderen gängigen Controller bedienen. Über den Big-Picture Modus sollen sich alle Funktionen des Steam-Clients mit dem Controller bedienen lassen. An vielen Stellen fühlt sich die Bedienoberfläche für PC-Nutzer des Steam-Clients noch sehr beschränkt an. Auch dass der Zugriff auf eine Kommandozeile nicht möglich ist, ist in dem Fall wohl selbstredend.

Der Controller lässt sich seit einem Update vor einigen Wochen zwar indirekt auch ohne Steam benutzen. Allerdings wird er außerhalb von Steam kaum von Spielen nativ unterstützt. Zudem kann die Tastenbelegung nur über Steam im „Big Picture“ Modus umgestellt werden. Deshalb ist der Einsatz des Controllers ohne den Wohnzimmermodus des Steam-Clients nur eingeschränkt möglich.

Hinweis:

Seit dem letzten Update können steamfremde Spiele auch mit dem Steamcontroller gespielt werden. Dazu muss man es im Menü über den Punkt „Ein steamfremdes Spiel hinzufügen“ verknüpfen. Danach kann es auch über den Big-Picture Modus gespielt und die Tastenbelegung über das Menü umgestellt werden.

Hat man den Modus erst einmal aktiviert, entfaltet der Steamcontroller sein volles Potenzial. Die Navigation mit dem rechten Trackpad und der rechten Schultertaste geht leicht von der Hand. Sie ist nach einer kurzen Eingewöhnungszeit deutlich komfortabler, als mit einem herkömmlichen Controller durch lange Listen zu navigieren. Die Genauigkeit der Maussteuerung erreicht der Controller bisher noch nicht.

Durchdacht ist auch das Schreiben mit dem Steamcontroller. Dazu wird die Tastatur auf beide Touchpads aufgeteilt und die Buchstaben werden mit einem einfachen Druck auf die entsprechende Stelle des Trackpads ausgeführt. Auch das ist deutlich komfortabler als das Auswählen der einzelnen Buchstaben mit dem Analogstick wie es bisher bei handelsüblichen Controllern der Fall war. Mit etwas Übung geht das Schreiben von Nachrichten recht schnell von der Hand. Sobald es sich dabei allerdings um mehr als ein paar Sätze handelt ist ein Griff zur Tastatur trotzdem sehr verlockend. Das Wechseln zwischen Tastatur und Controller ist immer möglich und auch die Maus bleibt die ganze Zeit aktiviert. Für den normalen Gebrauch reicht der Controller allerdings vollkommen aus.

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Die Einstellungsmöglichkeiten

Doch nun zu einem der laut Valve weiteren Alleinstellungsmerkmale. In der Präsentation des Controllers wird mit dem hochtrabenden Slogan „fully customizable control schemes“ geworben und zumindest damit behält die Marketingabteilung der Spieleplattform recht. Jeder Button lässt sich beliebig umbelegen und auch für die beiden Trackpads gibt es unzählige Konfigurationsmöglichkeiten. Ob das alles Sinn macht, ist natürlich eine ganz andere Frage. Doch alleine die Möglichkeit für so viele Einstellungen zu haben, ist für die „Frickler“ unter den Spielern ein wahrer Segen. Ungeduldige Spieler können über den Big-Picture Modus auch die Konfigurationen anderer Spieler übernehmen. Leider lassen sich diese allerdings nicht nach Bewertungen sortieren. So müssen Spieler auch hier viel ausprobieren, welche Einstellungen am besten zu ihnen passen. Seit einem Update werden bei der Auswahl der Community-Profile immerhin die Anzahl der Downloads eines bestimmten Profils angezeigt.

Linux-Kompatibilität?!

Egal ob Windows oder Linux, der Steamcontroller lässt sich unter beiden Systemen problemlos via plug & play verwenden. Sobald der kabellose Adapter eingesteckt ist, lässt sich der Steamcontroller über den Valve Button anschalten. Sobald der Big Picture Modus gestartet ist, lässt sich mit dem Controller potenziell jedes der aktuell 3352 🇬🇧 (zuletzt aktualisiert am 07.12.15 21:15 Uhr) linuxkompatiblen Spiele steuern. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, greift lieber nur zu Spielen, die bereits eine native Controllerunterstützung an Board haben. Unter diesem Kriterium bleiben noch knapp 1100 🇬🇧 Spiele zur Auswahl. Die Auswahl der AAA-Titel mit Linux-Unterstützung ist allerdings immer noch sehr gering.

Allgemeine Erfahrungen

Mit einem Preis von etwa 55€ plus Versandkosten ist der Steamcontroller definitiv kein Schnäppchen, auch wenn Microsoft mit seinem neuen „Elite-Controller“ in ganz andere Preissphären vorstößt. Für den Preis fühlt sich Valves ordentlich verarbeitet an. Einige einzelne Buttons könnten allerdings einen etwas festeren Druckpunkt haben.

Die verbauten Touchpads überraschen sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht. Negativ ist, dass der Controller in First-Person-Spielen in einigen Fällen sogar noch schlechter zu bedienen ist, als mit einem herkömmlichen Controller. Das war beispielsweise bei Bioshock Infinite der Fall. In Portal 2 schlug sich der Controller recht wacker, alles andere wäre für ein hauseigenes Spiel auch ziemlich peinlich.

Seine Stärken konnte der Controller vor allem in Rundenstrategiespielen und anderen eher langsamen Titeln entfalten. Paradebeispiele hierbei sind vor allem Civilisation 5 und das Indiespiel Papers, Please. Erstaunlich gut funktionierte außerdem die Weltraumsimulation Elite Dangerous, auch wenn dieser Titel leider nicht für Linux erhältlich ist.

Fazit

Der Steamcontroller funktioniert unter Linux besser als gedacht. Das Bedienkonzept mit den zwei Trackpads ist ein sehr guter Ansatz und funktioniert vor allem in der Bedienung des Big-Picture Modus sehr gut. Weniger gut ist die Implementierung in Spiele. Auch wenn die Bedienung etwas besser funktioniert als mit einem herkömmlichen Controller, gibt es immer noch zu viele Totalausfälle a la Dota 2, die sich mit einem Controller etwa so gut spielen wie auf einem USB-Toaster. Doch für das Genre der MOBAs ist der Controller nicht gemacht. Definitiv auch nicht für reaktionsschnelle Shooter ohne „aim assist“ im Stil von Battlefield, Counterstrike oder Quake. Eine zum Test gespielte Runde Counterstrike im Matchmaking, endete mit zwei Kills und einem Downrank.

Seine vollen Fähigkeiten entfaltet der Controller erst bei controlleroptimierten Spielen oder Rundenstrategietiteln wie Civilisation 5. Maus und Tastatur bleiben trotzdem immer unangefochten die besten Eingabegeräte. Das Eingabegerät von Valve eignet sich dafür gut als Ergänzung für das Sofa oder zurückgelehntes Spielen. Das der Controller auch dafür noch nicht perfekt ist, merkt man an den mehrmals wöchentlich erscheinenden Patches. In ihnen nimmt Valve teilweise noch große Änderungen an den Bedienkonzepten vor. Löblich ist, das auf Feedback der Comunity sehr schnell reagiert wird.

Hinweis:

Da Valve den Controller immer weiter verbessert und überarbeitet, können einige Kritikpunkte bereits beseitigt worden sein.