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Die Entwicklungen bei KDE

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Die letzte große, revolutionäre Neuentwicklung des KDE-Projekts stellte die KDE Software Compilation 4 mitsamt des Plasma Desktops im Jahr 2008 dar. Durch die Veröffentlichung von Plasma 5 erschien eine weitere große Neuentwicklung.

Für die Entwicklung der KDE Software Compilation 4 hatte das KDE-Projekt 2008 viel Kritik einstecken müssen, die Entwickler blieben aber ihrer Linie treu. In den letzten Jahren wurden 14 Versionen der Software Compilation freigegeben, die einem eher evolutionären Entwicklungsmodell folgten. Dies bedeutete keineswegs, dass Neuerungen ausblieben, doch sie wurden behutsam vorgenommen. Größere Brüche in der Bedienung und der Software vermied man.

Grundlegende Umstrukturierungen

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Die grundlegende Architektur
Bildquelle: Jos Poortvliet CC-BY-SA 3.0

Spätestens mit der Freigabe von Qt 5 zeichnete sich eine neue Hauptversion der KDE-Produkte ab. Die Planungen für die nächste Generation liefen nach der Freigabe von KDE SC 4.9 an. Für den Nutzer vollzog sich diese Änderung weitestgehend im Verborgenen, da der erste Arbeitsschritt die Neuorganisation der Bibliotheken beinhaltete.

Anstelle der monolithischen KDE-Libs sollten – vereinfacht gesagt – modulare „Ergänzungen“ zu Qt 5 entwickelt werden. Diese neue Basis nennt sich KDE-Framework 5 (KF 5) und eine erste stabile Version wurde im Juli 2014 veröffentlicht. Diese Veröffentlichung umfasste bereits ca. 50 verschiedene Frameworks. Durch diese Veränderung sollte der Einsatz der KDE-Frameworks auch außerhalb von KDE ermöglicht werden und Programme, die auf dem KF5 basieren, sollten nicht mehr die kompletten KDE-Abhängigkeiten nutzen. Der erste Nutznießer dieser neuen Entwicklung ist LXQt, das zukünftig KF5-Bibliotheken nutzen wird, obwohl es kein Teil von KDE ist.

Diese Modularisierung der Bibliotheken sollte die Grundlage für eine getrennte Veröffentlichung der einzelnen Programme des KDE-Projekts ermöglichen. Anstelle einer großen, halbjährlich veröffentlichten Software Compilation sollten die Entwickler der einzelnen Teile ihre eigenen Releasezyklen entwerfen können. Vergleichen lässt sich dies am ehesten mit den auch bereits in den vergangenen Jahren unabhängigen Veröffentlichungen von z.B. DigiKam, Amarok oder K3B.

LTS für die bisherige Version

Um einen ähnlich harten Bruch wie zwischen 3.5 und 4.0 zu vermeiden, erklärten die KDE-Entwickler Ende 2013 die KDE Workspaces 4.11 (Plasma, Kwin & Co) zu einer LTS-Version und im Herbst 2014 die Programme in der Version 4.14. Diese werden so lange gepflegt, bis die Umstellung auf die neuen Programmversionen abgeschlossen ist, mindestens jedoch 18 Monate. Davon profitiert auch Kubuntu, das in seiner LTS 14.04 die Workspaces als LTS-Version ausliefert.

Nutzer, die vorerst bei der alten KDE SC 4 bleiben, werden also nicht alleine gelassen.

KDE Plasma 5 und Breeze

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Plasma 5.2 und Breeze

Sichtbar für den Benutzer wurde diese Entwicklung mit dem Release von Plasma 5.0 im Juli 2014. Ausdrücklich als Vorschauversion deklariert, gab die Version 5.0 einen Ausblick darauf, wie sich die KDE-Entwickler die zukünftige Version vorstellten.

Obwohl Plasma 5.0 eine vollständige Neuentwicklung darstellte, blieben die Entwickler dem gewohnten Bedienmodell treu. Ein großer Bruch wie zwischen 3.5 und 4.0 wurde bewusst vermieden. Die Einführung des neuen Styles „Breeze“ mitsamt neuen Icons und einem neuen Plasma-Theme bildete die größte visuelle Neuerung. Unter der Haube hatte sich natürlich viel getan. Nicht zuletzt beim KDE-Fenstermanager Kwin, über dessen Entwicklung der Maintainer Martin Gräßlin regelmäßig bloggt.

KDE Applications

Die KDE SC ist weit mehr als ein Desktop und die Portierung der unzähligen Programme auf Qt5 und KF5 sowie die Anpassung an die neuen Designrichtlinien dauert dementsprechend viel länger, zumal viele Projekte nur wenige Entwickler vorweisen können.

Alle Programme, die keine eigenen Releasezyklen haben, wurden in den sogenannten KDE Applications zusammen gefasst, die nun alle vier Monate veröffentlicht werden. Die Versionsnummern entsprechen dabei den Jahres- und Monatszahlen des Veröffentlichungsdatums – ein beispielsweise von Ubuntu bekanntes Schema. Die Umstellung begann hier mit der Veröffentlichung der KDE Applications 14.12 im vergangenen Dezember.

Die Applications bilden in dieser Übergangszeit eine Sammlung aus Programmen, die bereits auf die neuen Frameworks portiert wurden und den alten, aus KDE SC 4, bekannten Programmen. Das KDE-Projekt geht selbst davon aus, dass die vollständige Portierung aller Programme noch eine Weile dauern wird. Einen ersten Fortschritt konnte man mit dem kürzlich erfolgten Release der KDE Applications 15.04 sehen. Von den ca. 150 enthaltenen Programmen wurden bereits über 70 portiert.

Zyklus der Veröffentlichungen

  1. Plasma: Neues Release alle drei Monate, Bugfixrelease jeden Monat

  2. KDE Applications: Neues Release alle vier Monate, Bugfixrelease jeden Monat

  3. KDE Frameworks 5: Neues Release jeden Monat

Diese Entwicklung hört sich für den Benutzer erst einmal verwirrend an, allerdings obliegt es dem Distributor die Softwareversion an den Nutzer auszuliefern.

Was bedeutet dies für Kubuntu?

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Konqi-Dev-Maskotchen
Bildquelle: KDE.org CC-BY-SA 3.0

Die Entwicklung kam für Kubuntu zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt. Die im April 2014 veröffentlichte LTS-Version mit Support bis 2019 konnte mit einer über lange Jahre entwickelten und entsprechend gereiften KDE SC 4.13 ausgeliefert werden. Einige Neuentwicklungen für das kommende Plasma 5, wie die neue Suchfunktion Baloo, konnten sogar noch integriert werden. Gleichzeitig war KDE SC 4.13 noch keineswegs obsolet oder gar so alt, dass sich eine Wartung über den langen Zeitraum nicht mehr bewerkstelligen ließe.

Mit der Veröffentlichung von Kubuntu 15.04 hat das Kubuntu-Team nun die Umstellung auf die neuen Frameworks, Plasma 5 und KDE Applications begonnen. Das Ziel ist ein ähnlich gut abgestimmtes Release wie 14.04 für die planmäßig im April 2016 erscheinende nächste LTS-Version zu erreichen.

An dieser Stelle der Hinweis: Kubuntu ist die erste große Distribution, die Plasma 5 ausliefert. Das bietet für den Benutzer Chancen, aber eben auch Risiken. Diese Umstellung sieht aufgrund der grundlegend beibehaltenen Bedienung von Plasma und der Programme sowie den Bemühungen der Visual Design Group (VDG) um ein konsistentes Design – über die verschiedenen Versionen von Qt hinweg – für den Benutzer nicht so gravierend aus, wie sie im Hintergrund ist.

Während beispielsweise einzelne neue Komponenten wie Plasma 5 bereits die portierten Versionen von Kwallet etc. nutzen, benötigen andere Programme wie Kontact oder Dolphin noch die alte Infrastruktur. Das sollte zwar reibungslos funktionieren, in der Praxis zeigen sich hier aber immer wieder Probleme.

Für das Release 15.04 und wohl auch das kommende Release 15.10 gilt deshalb umso mehr, dass sie in ihrer Rolle als STS-Versionen eher als Vorschau- und Entwicklerversionen für die kommende LTS-Version zu sehen sind. Passend dazu ein Zitat von Mark Shuttleworth 🇬🇧:

Our end-user community will be better served by higher-quality LTS [Long Term Support] releases that get additional, contained update during the first two years of their existence (i.e. as long as they are the latest LTS).

Interessierte Nutzer, die gerne einen Blick auf die zukünftige Entwicklung werfen möchten, sind natürlich herzlich eingeladen einen Blick auf die neuen Versionen zu werfen, sie zu benutzen und vor allem Fehler zu melden. Denn nur so können die KDE-Entwickler diese beheben.


Vielen Dank an Cruiz für den eingereichten Artikel.