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Was Ringtail antreibt: Ein Blick auf den Kernel

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Das kaum zu bändigende Katzenfrett – weniger malerisch auch Ubuntu 13.04 genannt – wird morgen freigelassen. Auf den ersten Blick scheint diese Bärenart nicht so bunt wie der Paradiesvogel Quetzal, doch die Farbe zählt beim Blick ins Innere nicht mit.

Seit der Kernel-Version 3.5, die in der Brust des Quantal Quetzal pocht, hat sich einiges getan. Zwar wird die Ubuntuversion, die ihren Namen von einem kleinen, mit dem Waschbären verwandten Pelztier entliehen hat, nicht das in Kürze erwartete Linux 3.9 aufweisen können, doch der Sprung über drei Linux-Versionen hinweg liefert einige Neuerungen, die für den Nutzer von Interesse sein können.

386er Prozessoren

Es ist nicht wirklich eine Neuerung, und wird auch nur Anwender treffen, die noch sehr, sehr alte Hardware nutzen: Die Unterstützung für die frühe 386DX-Prozessor-Familie wurde mit dem Linux-Kernel 3.8 eingestellt. Normalerweise würde der Wegfall einer fast 20 Jahre alten Prozessorreihe keine Erwähnung finden, wäre Linux nicht ursprünglich hierfür entwickelt worden.

Energiesparmodi

Mehr Relevanz dürfte in jedem Fall die Möglichkeit haben, suspend-to-disk und suspend-to-ram, also die Energiesparmodi Ruhezustand und Bereitschaft quasi zeitgleich nutzen zu können. Was beim ersten Blick seltsam anmuten mag, hat durchaus seine Berechtigung: Schickt man sein Notebook schlafen, so wird der Inhalt des Arbeitsspeichers festgehalten; entweder im Arbeitsspeicher selbst (Bereitschaft), wofür dieser jedoch weiterhin mit Strom versorgt werden muss, oder auf einem Massenspeicher (Ruhezustand), wo dann der Aufwachvorgang mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Praktischer wäre in jedem Fall die erste Variante, leert sich jedoch im Schlafzustand der Akku, geht der gesamte Speicherinhalt verloren. Wurde dieser jedoch auch auf der Festplatte hinterlegt, so steht hier eine Ersatzmöglichkeit zur Verfügung, die zwar etwas länger benötigt, um das System zu starten, dann jedoch wieder den letzten Stand der Arbeit zur Verfügung stellt.

Dateisysteme

Ubuntus Standard-Dateisystem Ext4 hat ein paar kleinere Verbesserungen erfahren. Zum einen wurde die Unterstützung für Quotas (auf Benutzer und Gruppen bezogene Einschränkungen, wie viel Speicherplatz benutzt werden darf) verbessert. Die entsprechenden Informationen stecken nun in Inodes, wodurch sie nicht mehr durch Programme, die im Benutzerkontext laufen, beschädigt werden können.

Eine zweite Änderung betrifft die Speicherung sehr kleiner Dateien. Normalerweise werden alle Daten in Blöcken abgelegt, die eine feste Größe haben. In der Standardeinstellung sind dies 4 Kilobyte, sodass auch eine Datei mit wenigen Byte faktisch 4kB Plattenspeicher blockiert. Ext4 kann nun solch kleine Dateien direkt in dem Inode ablegen, der normalerweise die Information, die zum Auffinden des zugehörigen Blocks notwendig wäre, beinhaltet.

Neben dem Vorteil Speicher einzusparen, ergibt sich hier auch ein Leistungsgewinn, da das Suchen des zugehörigen Blocks entfällt. Um nun auch etwas größere Dateien in den eher kleinen Inodes, im Normalfall nur 256 Byte, abzulegen, kann auch die Größe der Inodes beim Erstellen des Dateisystems erhöht werden, was jedoch letztlich den nutzbaren Plattenspeicher negativ beeinflusst.

Spielen sich letztlich auch die bislang aufgezählten Änderungen tief im System ab, so findet sich doch der Großteil für die meisten Ubuntu-Nutzer unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Darunter auch das neue Dateisystem F2FS (Flash-Friendly File System), das speziell auf die Anforderungen von Flash-Speichern abgestimmt ist.

Es gibt zwar bereits Dateisysteme, die für die Zusammenarbeit mit Flash-Speicherchips geeignet sind, diese berücksichtigen aber nicht den „Flash Transaction Layer“, eine Zwischenschicht mit deren Hilfe SSD wie normale blockorientierte Speichergeräte angesprochen werden können. Dieser optimiert jedoch Speichernutzung, Schreib- und Lesevorgänge bereits und überschneidet sich hier mit so manchem speziellen Flash-Dateisystem, während F2FS diese Zwischenschicht berücksichtigt und auch mitzunutzen versucht.

Netzwerke

An der Leistungsfähigkeit der Netzwerkverbindungen unter Linux wurde auch gearbeitet. Verzögerungen im Netzwerk soll mit einer Begrenzung des Zwischenspeichers für abzusendende Netzwerkpakete entgegengewirkt werden. Eine Verkürzung der Zeit vom Abschicken des ersten Pakets bis zum Eintreffen der ersten vom Server angeforderten Daten verspricht „TCP Fast Open“.

Prinzipiell werden hierbei den ersten Anfragen zum Verbindungsaufbau bereits Nutzdaten mitgegeben, sodass sich hier pro geöffneter Verbindung ein geringer Zeitgewinn ergibt, der sich bei größeren Webseiten beispielsweise auf eine Reduzierung der gesamten Ladezeit bis auf 60% erreichen lässt.


Als Anwender sieht man in der Regel nur die Oberfläche des Desktops. Hier sind die Neuerungen manchmal offensichtlich, oft zumindest leicht zugänglich. Doch auch der Blick auf den Linux-Kernel, der schließlich die Grundlage eines jeden Ubuntu-Systems darstellt, offenbart immer wieder interessante neue Funktionen und Verbesserungen bekannter Merkmale.


Quellen: