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Ausführliche Vorstellung von GNOME 3 Shell und Unity

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Nachdem seit der Veröffentlichung von Canonicals Unity und der Shell von GNOME 3 schon einige Zeit vergangen ist, sollte ein kurzer Test und Vergleich beider konkurrierender Desktopumgebungen möglich sein. Der Test liegt auch als Videomaterial vor und wird durch diesen Artikel ergänzt.

Videomaterial

Das Videomaterial, das in verschiedenen Formaten vorliegt, wurde von Leszek Lesner, dem Betreiber des Techview Podcasts, anlässlich dessen 100. Folge erstellt.

In der Jubiläumsausgabe des Video-Podcast hat er einige Tests mit verschiedenen Anwendungsprogrammen und Oberflächen veranstaltet. Unter anderem hat er die GNOME 3 Shell und Unity mit einander verglichen. Hier setzt dieser Ikhaya-Artikel an. Darüber hinaus haben wir auch unsere eigenen Erfahrungen mit in den Artikel eingebracht.

GNOME 3 Shell

Das GNOME Logo – Fußabdruck in Silber Leszek Lesner hat eine Beta-Version von Fedora Linux, Version 15, herangezogen und beschrieben. Er ging die einzelnen Funktionen Schritt für Schritt durch und war anfangs sehr überrascht von der neuen Oberfläche.

Die obere Randleiste beinhaltet mehrere Indikatoren und den Aktivitäten-Button. Der GNOME 3 Desktop überzeugt schon auf den ersten Blick vom schlichten Design. Das Aussehen ist in der GNOME-Shell schwarz gehalten, während die Programme unter Fedora in einem hellen Farbton erscheinen.

Die obere Randleiste

Als Zugriffspunkt zu den wichtigsten Systeminformationen dienen die Indikatoren, die am rechten Rand des Panels angebracht sind. Die Uhr befindet sich in der Mitte, während der Aktivitäten-Button ganz links in der Ecke platziert wurde. Er ruft die eigentliche GNOME-Shell auf.

Die GNOME-Shell

Die GNOME-Shell, das Herzstück von GNOME 3 wirkt sehr übersichtlich und aufgeräumt. Zudem soll sie auch für Touchscreens optimiert sein. Am linken Bildschirmrand findet sich eine Favoritenleiste, die man beliebig erweitern kann. In der Bildschirmmitte findet sich eine große Fläche zur Anzeige von Suchergebnissen und Anwendungsstartern, welche ausreichend groß gestaltet sind, um sie auch bei Touchscreens mit dem Finger zielsicher zu erreichen.

Einzig die Ausschalten-Funktion sucht man anfangs vergeblich. Dafür gibt es aber einen kleinen Trick: Die standardmäßig angebotene Funktion in den Ruhezustand zu wechseln ändert sich zu Ausschalten, sobald man die Alt -Taste gedrückt hält.

Mit Hilfe des Programms Zeitgeist versucht die GNOME-Shell, Dokumente zu indizieren und soll es später ermöglichen, die Dokumente direkt zu öffnen – ohne sie im Dateimanager suchen oder öffnen zu müssen.

Virtuelle Arbeitsflächen und Anwendungsübersicht

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Übersicht von GNOME3

An der rechten Bildschirmseite befindet sich die Arbeitsflächenübersicht. Wird dort eine Arbeitsfläche ausgewählt, so wird in der Mitte der GNOME-Shell eine Übersicht der auf der Arbeitsfläche befindlichen Programme angezeigt. Es ist immer genau eine leere Arbeitsfläche vorhanden, die sich am unteren Ende einreiht. Hier spielt die GNOME-Shell auch ihre Stärken aus, da sie sehr dynamisch gestaltet ist. Man kann über den Aktivitäten-Schalter Dateien per Drag & Drop einem Fenster in das andere schieben ohne lange das richtige Fenster suchen zu müssen. Ein anderes Beispiel wäre, wenn man mehrere Browser-Fenster geöffnet hat, aber in der Übersicht aufgrund der kleinen Vorschaubild-Größe nicht sofort das richtige Fenster identifizieren kann. Das Problem entsteht auch auf klassischen Desktop-Oberflächen leicht. Bei der GNOME-Shell braucht man per Scrollrad der Maus aber nur einmal kurz hinein- und eventuell wieder herauszoomen. Viele solcher kleinen Raffinessen finden sich noch an anderen Ecken und Enden und erleichtern alle zusammengenommen das Leben erheblich.

Fazit

GNOME 3 überzeugt durch ein gutes Aussehen und eine Touchscreen-optimierte Oberfläche. Dank der Anwendung Zeitgeist ist es nach längerer Benutzung der GNOME-Shell möglich, Dokumente direkt zu öffnen ohne sie umständlich suchen zu müssen. Die GNOME-Shell ist absichtlich sehr schlicht gehalten und präsentiert Anwendungsstarter genauso gut wie die geöffneten Programme einer Arbeitsfläche.

Unity

Das Unity Logo – Ein U in einem lila Kreis Unity ist eine Eigenentwicklung von Canonical, die erstmals in der Netbook Edition von Ubuntu 10.10 Maverick Meerkat enthalten war. Seit Ubuntu 11.04 Natty Narwhal ist Unity auch die Standardoberfläche der Desktop Edition. Unity hält sich genau wie GNOME 3 an ein Touchscreen-optimiertes Aussehen und liefert beim Start eine übersichtliche Arbeitsfläche. Entgegen der GNOME-Shell bietet Unity das Platzieren von Startern, Dokumenten und Ordnern auf der Arbeitsfläche. Auch bei Unity wird mit einer Dokumenten-Indizierung gearbeitet die hinter dem Menüpunkt "Dateien finden" in der Unity-Shell verborgen ist. Der Zugriff auf installierte Anwendungen erfolgt über einen Starter in der linken Unity-Leiste.

Es ist zwar vielfach schön, dass die Unity-Shell mitdenkt, aber an einigen Stellen nervt das dann doch: Zum Beispiel werden beim Programmstart per Suche des Programmnamens auch Treffer aus dem Software-Center zur Installation angeboten. Das mag zwar anfangs interessant sein, aber nach kurzer Zeit wird es schnell nervig. Letztendlich wird man diese Kategorie ignorieren, eine entsprechende Option zum deaktivieren wäre wünschenswert. Dabei könnte man den neu gewonnen Platz auch gleich für die Anzeige der installierten Anwendungen nutzen.

Die obere Randleiste

Hier bietet Unity nicht viel mehr als GNOME 3. Der wesentliche Unterschied erscheint erst, wenn ein Programm geöffnet ist: Die Steuerknöpfe zu Minimieren, Maximieren und Schließen eines Fensters befinden sich in der oberen Randleiste. Das soll, vor allem bei kleineren Bildschirmen, einen Platzgewinn hervorrufen. Die Leiste beherbergt auch Menüs des gerade aktiven Fensters sobald man mit der Maus auf dem oberen Panel liegt. Das funktioniert allerdings nicht immer zuverlässig, denn bei manchen Programmen ist die Menüleiste doch noch im Fenster selbst enthalten.

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Dash von Unity

Die Unity-Leiste

Die Unity-Leiste ist eine mit großen Buttons übersäte Leiste, die sich standardmäßig auf der linken Seite befindet. Sie bietet die Möglichkeit zwischen Programmen zu wechseln, Programme zu starten, installierte Anwendungen anzuzeigen und die Arbeitsflächen abzubilden.

Das Hinzufügen von Startern in die Unity-Leiste gestaltet sich denkbar einfach. Man öffnet das Programm, dessen Starter man hinzufügen möchte und man führt nach Start des Programms links auf den Starter einen Rechtsklick aus und wählt "Im Starter behalten" aus. Als zweite Möglichkeit bietet sich das Drag & Drop Features der Unity-Leiste an. Das Ziehen eines Starters auf die Unity-Leiste bewirkt, das sich eine Lücke auftut und man den Starter einfach fallen lassen kann.

Das Verschieben gelingt durch einen längeren Klick auf die Starter, die man dann bewegen und anders positionieren kann.

Virtuelle Arbeitsflächen und Anwendungsübersicht

Die Virtuellen Arbeitsflächen sind hinter einem Starter in der Unity-Leiste versteckt (Alternativ: Windows + S ). Nach Anwählen der jeweiligen Arbeitsfläche wird eine Anwendungsübersicht geboten. Das Gleiche passiert, wenn man den Starter eines Programms mit mehreren geöffneten Fenstern gedrückt hält. Gut gelungen ist auch die Möglichkeit, Unity weitgehend per Tastatur zu bedienen. Wenn man die Windows -Taste gedrückt hält, werden Nummern über die ersten 10 Starter gelegt, mit denen man diese aktivieren kann. Auch für so ziemlich jede andere Funktion gibt es bei Unity Tastenkürzel.

Allerdings offenbaren hier leider auch die größten Schwächen: Sobald man mehrere Fenster geöffnet hat, wird es schnell unübersichtlich. Wenn mehr Starter vorhanden sind als in die linke Leiste passen, kann man hier nur sehr mühselig durchfinden: In einer sehr langsamen und sich nicht ändernden Geschwindigkeit kann man mit der Maus am Bildschirmrand durch die Starter scrollen. Wer vielleicht 30 Starter hat, der darf um von oberen zum unteren Starter zu kommen mehrere Sekunden warten bis er dort angelangt ist – damit ist keine sehr effiziente Arbeit möglich. Außerdem gibt es hier nur die Icons der Programme zu sehen, was natürlich voraussetzt, diese zu kennen. Der Arbeitsflächenumschalter beziehungsweise die Anwendungsübersicht sind nur schwer über die Starter (besonders bei vielen geöffneten Programmen) oder über eine Tastenkombination erreichbar, die man natürlich erst herausfinden muss. Besonders intuitiv ist das natürlich nicht...

Auch an anderen Stellen zeigt sich, dass der Unity-Desktop noch nicht ganz ausgereift ist: Wir haben keine Möglichkeit gefunden, Dateien per Drag & Drop zwischen zwei maximierten Programmfenstern zu verschieben. Es ist einfach nicht möglich bei geklickter linker Maustaste zwischen den geöffneten Programmen zu wechseln... Komplizierter Workaround: Fenster auf dem Desktop nebeneinander platzieren. Das Wechseln zwischen Fenstern während des Drag & Drop-Vorgang mit der Tastenkombination Alt + Tab ⇆ funktioniert auch nicht. Komischerweise wird der gewünschte Effekt durch Windows + die entsprechende Starterzahl erzielt (nur möglich, wenn das Zielfenster unter den ersten zehn Startern ist).

Fazit

Unity bietet auch in der 2D-Version Unity2D durch schöne Animationen beim Öffnen von Programmen. Es behält auch das schwarze Design von Ubuntu 10.10 bei. Da Unity ein Plugin für Compiz ist, sind die beiden Komponenten wunderbar aufeinander abgestimmt.

Alles in allem hinterlässt Unity einen recht durchwachsenen Gesamteindruck im Vergleich zu GNOME 3, das wesentlich ausgereifter und durchdachter zu sein scheint.

Linkliste


Vielen Dank an Logander4 für den eingesandten Artikel!