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Update-Notifier und die heimliche Revolution in Jaunty

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Eines ist sicher, in Sachen Benachrichtigungen wird sich Jaunty Jackalope nicht nur im Design deutlich von Ubuntus Vorgängerversionen unterscheiden. Es gibt für Jaunty angesichts des fortgeschrittenen Entwicklungsprozesses kein Zurück, aber auch Jaunty wird nicht die letzte Ubuntuversion sein. Grund genug, die kommenden Änderungen auch jetzt noch abzuwägen und kritisch zu diskutieren.

Veränderungen

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Neue Benachrichtigungen in Jaunty

Seit der Installation einer Alpha oder Betaversion von Jaunty vermisst der eine oder andere Intrepidbenutzer womöglich die Benachrichtigungen, wenn neue Updates verfügbar sind. Außerdem fehlen plötzlich die Hinweise im Benachrichtigungsfeld, die beharrlich an einen notwendigen Neustart bei einem Kernelupdate erinnern. Stattdessen gab es dafür plötzlich Pop-Up-Fenster, die einmalig einen Firefox- oder Systemneustart verlangen und sobald der Vorgang auf später verschoben wurde, nicht wieder auftauchen.

An Stelle der vertrauten Icons im Benachrichtigungsfeld, die ersatzlos entfernt wurden, öffnen sich in Jaunty nun automatisch entsprechende Fenster, die sich nicht wie herkömmliche Pop-Ups in den Vordergrund drängen, sondern stattdessen ohne Fokus und im Hintergrund von laufenden Anwendungen erscheinen sollen. So soll sich der Update-Manager bei verfügbaren Updates automatisch öffnen, wenn seit sieben Tagen kein Update durchgeführt wurde, bei verfügbaren Sicherheitsupdates innerhalb eines Tages. Darüber hinaus findet keine unmittelbare Benachrichtigung über verfügbare Updates mehr statt und es gibt die Benachrichtigungssymbole für einen benötigten System- oder Anwendungsneustart nicht mehr. Häufig wurde dies dem unvollendeten Status von Jaunty zugeschrieben, man klickte die Pop-Ups weg und viele berichteten im Forum von einer neuen Angewohnheit, mangels Benachrichtigungen regelmäßig manuell nach verfügbaren Updates zu schauen.

Diskussionen

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Der entsprechende Bugreport hat
beachtliche Ausmaße erreicht

Zwar gibt es seit Ende Februar eine rege Diskussion unter Entwicklern und in der Community rund um den Bugreport [Jaunty] Update Notifier icon would provide useful status information, wo eine tiefgreifende Änderung von Intrepid zu Jaunty diskutiert wird. Bisher hat diese Diskussion allerdings weder in Blogs, noch im Forum oder hier bei Ikhaya eine ihrer Tragweite entsprechende Aufmerksamkeit erhalten. Der Entwicklungsprozess ist mittlerweile weit fortgeschritten und Jaunty wird seine Benachrichtigungen im jetzigen Zustand behalten.

Ein Teil der Diskussion rund um den Bugreport dreht sich um die Art und Weise, wie dieser Umschwung in Jaunty eingeführt wurde. Dass man auch in Blogs und auf Newsseiten kaum davon gehört hat, liegt wohl nicht zuletzt daran, dass dies auf einem Ubuntu Developer Summit im Dezember diskutiert, entschieden und von einem Team um Mark Shuttleworth - von der Öffenlichkeit beinahe unbeachtet - vorangetrieben wurde. Einige haben die Mockups vom neuen Benachrichtigungssystem gesehen und diskutiert, nur die Wenigsten haben die Neuausrichtung in Sachen Benachrichtigungen mitbekommen und erst jetzt, wo das neue System steht, zeigt sich das Ausmaß der Änderungen. Durch diese Vorgehensweise fühlen sich Einige übergangen und hätten sich eine bessere und offenere Kommunikation zwischen Ubuntu und der Community gewünscht, die ja eigentlich zusammengehören sollten. Während die Wogen des menschlichen Unmuts mittlerweile geglättet scheinen, steht zunehmend die konstruktive Diskussion rund um das Benachrichtigungssystem im Vordergrund.

Ein neues System ist notwendig

Die grundlegende Begründung für den neuen Ansatz ist die Erkenntnis, dass das bestehende Konzept des Benachrichtigungsfeldes verworren und kompliziert ist. Was dort im Panel auftaucht ist inkonsistent: Teilweise missbrauchen Anwendungen das Benachrichtigungsfeld für Statusanzeigen und auch die verschiedenen Desktopumgebungen verursachen hier Wildwuchs. Ein weiteres Argument, gerade was die Benachrichtigung bei verfügbaren Updates und besonders Sicherheitsupdates angeht, zielt darauf ab, dass einige Benutzer die vorhandenen Benachrichtigungssymbole nicht zu deuten wüssten oder mit ihrer Handhabung überfordert wären. Man verspricht sich also einen Sicherheitsgewinn, wenn man den Updatemanager direkt einblendet und ansonsten mit dem Benachrichtigungsfeld aufräumt, oder es zumindest für distributionskritische Anwendungen nicht mehr nutzt. Übrigens ist es im Zusammenhang explizit so gewollt, dass die neuen schwarzen Benachrichtigungskästchen verschwinden, sobald man mit der Maus darüber fährt. Das neue Benachrichtigungssystem soll ausdrücklich nicht interaktiv sein, was bei den alten "Ballonblasen" der Benachrichtigungssymbole noch der Fall war.

Im Bugreport findet die Kritik am Wildwuchs im Benachrichtigungsfeld zwar weitestgehend Zustimmung, allerdings stößt die Entscheidung für plötzlich im Hintergrund startende Anwendungen auf wenig Gegenliebe. Viele argumentieren damit, dass gerade im Verzicht darauf eine Stärke GNOMEs liege und dass die Erfahrung gezeigt hätte, dass Anwender plötzlich aus dem vermeintlichen Nichts auftauchende Fenster als extrem störend empfinden. Dagegen sei die unaufdringliche und unmittelbare Benachrichtigung bei verfügbaren Updates durch ein Benachrichtigungssymbol ein großer Vorzug von Ubuntu gewesen und viele wünschen sich dies wenigstens optional zurück. Der Umbruch wird vielfach als Rückschritt gegeißelt, mit dem Ubuntu womöglich an Attraktivität unter den Distributionen verlieren könnte. Das möglicherweise überfrachtete Prinzip des Benachrichtigungsfeldes zu verwerfen und durch ein anscheinend unfertiges, nicht zu Ende gedachtes zu ersetzen, sei ein unüberlegter Schritt.

Ausblick

Wünschenswert ist ein neuer, desktopübergreifender Standard, der es Anwendungen erlauben würde ihre Nachrichten abzusetzen, die einheitliche Präsentation aber ganz in die Hände der Desktopumgebung legen. Bis dahin ist das altbewährte System aber immerhin erprobt, alltagstauglich und von hoher Akzeptanz getragen. Darüber hinaus wird argumentiert, die von Benachrichtigungssymbolen überforderten Benutzer würden wohl eher eine zu vernachlässigende Minderheit darstellen, denn auch auf Windows, von dem die Anwender schließlich zu Ubuntu wechseln, sei der Umgang damit alltäglich und würde bereits dort fleißig eingeübt.

Kubuntu-Nutzer sind von den Änderungen nicht betroffen.

Quelle: Launchpad Bugs 🇬🇧


Vielen Dank an puntarenas für diesen Artikel!